Ein Leistenbruch oder andere Bauchwandbrüche zeigen sich häufig bei körperlicher Aktivität. Doch handelt es sich bei Hernien um typische Sportverletzungen? Hebt man sich wirklich einen Bruch? Und ist Sport mit Hernie noch erlaubt? Wann und warum ist eine OP wichtig? Die Chefärzte Dr. Wolfgang Reinpold und Prof. Henning Niebuhr geben Antworten.
Was versteht man unter Hernien genau?
Professor Niebuhr: Der Begriff Hernien steht für alle Arten von Bauchwandbrüchen – das heißt Löcher bzw. Risse, die an verschiedenen Stellen der Bauchwand vorkommen können. Der Leistenbruch ist die bekannteste Variante. Doch auch der Nabelbruch, der Narbenbruch oder der Oberbauchbruch sind weit verbreitete Krankheitsbilder.
Dr Reinpold: Das Wort Hernie kommt aus dem Griechischen und heißt übersetzt „Knospe“. Denn das ist das typische Symptom eines Bauchwandbruchs: Die Brüche zeigen sich typischerweise als Vorwölbung bzw. Beule. Diese kann erst sehr klein sein, unter Umständen aber auch riesige Ausmaße annehmen.
Sehr viele Sportarten gehen auf die Bauchmuskeln: Haben Aktive damit ein besonders hohes Risiko, an einer Hernie zu erkranken?
Dr Reinpold: Nein. Viele denken beim Wort Bruch zwar an gebrochene Knochen und damit an einen Unfall. Aber das ist nicht der Fall: Hernien entstehen an natürlichen Schwachstellen der Bauchwand. Das ist in der Regel Folge einer angeborenen Bindegewebsschwäche. Es geht hier also um einen schleichenden Prozess, nicht um einen plötzlichen Unfall.
Professor Niebuhr: Jedoch kann eine bereits vorhandene Hernie bei starker Belastung weiter aufreißen und sich dann erst wirklich zeigen. Das kann zum Beispiel beim Gewichtheben oder extremen Bauchmuskelübungen passieren. Jedoch ist die eigentliche Ursache die Bindegewebsschwäche, nicht der Sport. Dennoch versorgen wir im Hamburger Hernien Centrum sehr viele Sportler. Denn tatsächlich íst jeder vierte Mann im Laufe des Lebens von einer Hernie betroffen. Bei Frauen sind es mit zwei von 100 etwas weniger.
Ein Leistenbruch ist als Urasche von Leistenschmerzen beim Sport eher unwahrscheinlich.
Deuten Leistenschmerzen beim Sport aber auf einen Leistenbruch hin?
Dr Reinpold: Möglich, aber unwahrscheinlich! Eine Hernie wie der Leistenbruch äußert sich nur sehr selten durch starke, dauerhafte Schmerzen. Typischer ist ein leichtes Druckgefühl oder Ziehen in der Leistenregion, dazu fast immer die schon thematisierte Vorwölbung.
Professor Niebuhr: Bei Leistenschmerzen stecken häufiger orthopädische, urologische, gynäkologische oder auch neurologische Ursachen dahinter. Daher sind wir im engen Austausch mit anderen Fachkollegen – ganz konkret im Rahmen des Hamburger Netzwerkes Leistenschmerz. Als gut eingespieltes Team und mit lückenloser, schneller Kommunikation wollen wir Patienten lästige Doppeluntersuchungen und Odysseen von Praxis zu Praxis ersparen.
Aber was ist dann eine Sportlerhernie?
Professor Niebuhr: Sportlerhernie? Das ist ein irreführender Begriff. Korrekt wäre Sportlerleiste oder auch weiche Leiste. Denn dabei handelt es sich nicht um einen „echten“ Bruch mit Bruchlücke und Bruchsack, sondern um eine relative Schwäche der inneren Faszie. Dadurch kann sich die gesunde Faszie vorwölben, was an einen Leistenbruch erinnern kann. Betroffen sind vorwiegend Profisportler mit massiv trainierter Muskulatur.
Doch obwohl es hier nicht um eine Hernie geht, sind wir im Hamburger Hernien Centrum auch erste Ansprechpartner für Patienten mit Sportlerleiste. Um eine dauerhafte Reizung der Nerven zu vermeiden, sollte eine OP zeitnah erfolgen, sofern konservative Maßnahmen nicht erfolgreich sind.
Was ist bei bestehender Diagnose: Ist Sport mit einem Leisten- oder Bauchwandbruch tabu?
Dr. Reinpold: Solange keine Komplikationen auftreten, dürfen sie gern aktiv bleiben. Auch eine moderate Belastung der Bauchmuskeln hilft mehr als dass sie schadet. Denn gerade, wenn über kurz oder lang eine OP ansteht, gilt: Je fitter Sie sind, umso verkraften Sie den Eingriff und die Narkose. Extreme Belastungen sollten Sie aber erstmal vermeiden, auch sehr schweres Heben.
Vor einer Hernien-OP sollten extreme Belastungen und schweres Heben vermieden werden – daher sollte auch die Golftasche nicht zu schwer sein.
Warum sollten Hernien dann überhaupt operiert werden?
Prof. Niebuhr: Das fragen viele Patienten, denn: Hernien sind erst einmal harmlos – jedoch nur solange keine Komplikationen auftreten. Es kann jedoch vorkommen, dass Bauchorgane wie Darmteile in der Bruchlücke einklemmen. Das passiert selten, ist dann aber ein absoluter Notfall. Unter Umständen kann der sogar lebensgefährlich werden.
Dr. Reinpold: Außerdem wachsen Bauchwandbrüche unbehandelt immer weiter. Das beeinträchtigt nicht nur die Ästhetik, sondern irgendwann auch die Lebensqualität der Patienten. Eine OP ist also mindestens im Laufe der Zeit empfehlenswert. Denn ein Bruch heilt auch niemals von selbst, ein Eingriff ist die einzige Behandlungsoption.
Wie lange muss man nach einer OP pausieren?
Dr. Reinpold: Das ist tatsächlich eine der häufigsten Patientenfragen. Die Antwort überrascht viele. Denn nach einer Hernien-OP sind Sie schnell wieder belastbar. Am OP-Tag können und sollten Sie schon wieder aufstehen. Leichte sportliche Aktivitäten empfehlen wir nach sieben bis zehn Tagen bzw. Abschluss der Wundheilung. Je nach OP-Typ sind Sie vier bis sechs Wochen nach dem Eingriff wieder voll belastbar. Wer es mag, kann dann auch wieder Extremsport betreiben.
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